| Nun hat sich auch das Magazin NewStatesMen an einem Urteil über "Blackout" versucht. Lest hier:
Während andere das Elend der Popindustrie vertuschen, redet Britney Spears Klartext
"It's Britney, bitch." Mit diesen Zeilen beginnt das aktuelle Album von Britney Spears und markiert die Metamorphose vom Teenager-Herzchen zur Furcht einflößenden Frau der gegenwärtigen Popkultur. Schon damals, als sie noch als Schulmädchen über die Bildschirme hüpfte, war ihr Lächeln teils erstarrt wie Stahl. Jetzt, nach der Geburt zweier Kinder, einer Scheidung, dem Sorgerechtsstreit, privaten Problemen und einem Todesfall in der Familie wirkt ihr Lächeln gar kalt und gläsern, aber dennoch unzerstörbar wie das einer gestressten Maschine der Pop-Industrie.
Inmitten der stark dokumentierten Talfahrt ihres Privatlebens erschien "Blackout", eine lebhafte und teils sogar erstklassige Platte. Gleichzeitig könnte es als Moral von der Geschicht für all diejenigen dienen, die glauben, dass Berühmtsein nur mit Spaß zusammen hängt. Als Star ist es einerseits unerlässlich sich darüber zu beklagen welcher Druck auf Prominenten lastet, andrerseits aber stellt es Spears unmissverständlich dar wie es wirklich sein kann: die Hölle! Auf "Piece Of Me" geht ihre roboterhafte Stimme mit einem Bündel von harten Bass-Schlägen einher. 'Ich bin der amerikanische Traum seitdem ich 17 bin / ... Ms. Lebensstil der Reichen und Berühmten / Ms. Oh mein Gott, diese Britney ist schamlos / Ms. Blitznachrichten, Blitznachrichten - das kommt soeben frisch rein / Ms. sie ist zu dick, jetzt ist sie zu dünn'. Im nächsten Moment ist die Verbitterung weniger deutlich: 'Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ich sogar im Fernsehen komme, wenn ich zum Supermarkt gehe... / kein Wunder, dass es in dieser Industrie von Panik wimmelt / ich meine, hallo, geht's noch?'
Es ist vielleicht ein wenig Ironie des Schicksals, wenn das aus dem Mund einer Frau kommt, die den Anfang ihrer Ehe mit Kevin Federline in der Reality Show "Chaotic" öffentlich zur Schau stellte. Aber diese Anspannung verleiht dem Album die klaustrophobische Kraft. Spears weiß wirklich, dass ihr eigener Ruhm sie aufgefressen hat. Und gleichzeitig gelüstet es sie nach mehr. Die krachende erste Single von "Blackout" wurde zu Britneys größtem Hit seit Jahren und heißt ganz passend "Gimme More". Ihr dazugehöriger Auftritt bei den VMAs zeigte, dass mehr das letzte war, was sie nun brauchte.
Andrerseits klingt das Album aber auch wie eine sexsüchtige Frau die im Lichte des Internets steht - allerdings in positivem Sinn. Auf dem eingängigen "Hot As Ice", einem der besten Tracks des Albums, singt Spears davon, dass sie die Fähigkeit besitze, einen Mann verrückt zu machen. Im Moment stellt man sich aber eher vor, dass sie mit Pauken und Trompeten Reißaus vor ihr nehmen. Die Bilder des Albums lassen sie wie eine Domina erscheinen - schwarzes Leder und verlockende offene Lippen. Die Texte sind vom selben Kaliber. Ein Lied nennt sich unverblühmt "Get Naked (I Got A Plan)", das andere "Toy Soldier" (Ich brauch einen richtigen Soldaten, ich habe die Nase voll von Zinnsoldaten). Das ist Girl Power, wenn auch ein wenig aufwühlend.
Während ein stabiler Mensch sich wohl von der Öffentlichkeit zurückgezogen hätte, lässt Spears nun alles raus. Sie wurde zum Symbol der zunehmend starken Figuren dunkler Natur der Popkultur, als sie sich in diesem Jahr direkt vor Paparazzi eine Glatze schor (sie erklärte später, dass ihre über Alles geliebte Tante kurz zuvor an Brustkrebs starb). Sie machte es nicht wie Victoria Beckham, die immer noch alle in dem Irrglauben lässt, dass ihr Leben perfekt ist. Sie wurde ferner weinend, betrunken und zerzaust fotografiert. Auf "Freakshow", nur einem von zwei Songs, an dem sie selbst mitgeschrieben hat, stellt sie ihre Philosophie dar: 'Wenn sie es sehen wollen, dann können wir ihnen eine Freakshow bieten.'
"Blackout" ist sicherlich eine starke Ergänzung ehrlicher Statements über die Schattenseiten des Berühmtseins. Ein anderer Star, wie Kylie Minogue, die vergleichbar mit Spears ist, wird momentan von der Kritikern verrissen, weil sie es nicht fertig brachte, auf ihrer neuen Platte X ihren Kampf gegen den Krebs schildern, sondern ihn vielmehr hinter einer künstlichen Fassade versteckt. Spears hat aus einer Position, um die sie keiner beneidet, doch noch einen positiven Aspekt gezogen - sie hat ein Album gemacht, das einen so fesselt wie die Seiten unseres Lieblingsmagazins." | | |
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