| Das Jahr 2008 steht im Zeichen der Comebacks einiger der größten Künstler aller Zeiten. Neben Britneys heiß ersehntem Album "Blackout" hat nun auch der vom Krebs genesene Superstar Kylie Minogue ihr Album "X" veröffentlicht. US-Kritiker haben die Elektronik-Platten der beiden Diven nun verglichen und kommen zu folgendem Ergebnis:
Britney Spears, Blackout und Kylie Minogue, X
Nur eine der größten Popstars aller Zeiten hat es geschafft, ihr verrücktes Privatleben hinter sich zu lassen. Und laut Peter Robinson ist es nicht Kylie Minogue!
Während der Pop-Markt keine neuen Stars hervorzubringen vermag, müssen eben zwei der Sängerinnen mit Langzeit-Potenzial die Führung wieder übernehmen. Nachdem beide Greatest Hits Alben veröffentlicht hatten, folgten nicht die besten Jahre ihres besonderen Daseins.
X und Blackout sind Alben des Jahres, über die bisher am meisten gesprochen wurde. Britney schaffte es sogar das beste Album ihrer Karriere rauszuhauen. Sie überwindet die Schranken des Modern Pop mit einem aufrüherischen Mix aus Timbalands "Shock Value" und ihrem eigenen Sound. "Comeback Queen" Kylie dagegen klingt irgendwie veraltet und könnte in den vergangenen sieben Jahren zu jedem Zeitpunkt erschienen sein. Es stimmt aber auch, dass "Blackout" von den geringen Erwartungen profitiert, die man im Vorfeld an die Platte hatte (das totale Gegenteil trifft hier für X zu). "Blackout" zählt zu den positiven Überraschungen des Jahres und hat aus gutem Grund Erfolg, weil es die Mainstream Musik neu definiert, was hauptsächlich Timbalands Kumpel Danja zu verdanken ist.
Dünne Up-Tempo-Tracks wie 'Wow' und 'Sensitised' wären ein Grund, um Kylies "X" als lahm zu bezeichnen. Aber es kommt noch schlimmer: Es ist ein Album, das so überdacht und gewissenhaft angelegt wurde, dass man dabei jegliche Perspektive aus den Augen verloren hat. "Blackout" dagegen versprüht Sinn für Spontaneität und ist durch und durch ein Spaß, z.B. wenn ein 'break it down, break it down' in "Hot As Ice", das ein wenig an "Maneater" erinnert, für die deliziösen Momente sorgt. Das brilliante und eingängige "Ooh Ooh Baby" macht ebenso süchtig wie "Toxic" damals und das knackige "Piece Of Me" ist ohnehin einer der herausragenden Tracks des Albums. Britney singt davon, dass sie, seit sie 17 ist, der amerikanische Traum sei und vollführt einen gelösten Gesang über 'I'm Mrs "Lifestyles of the Rich and Famous", I'm Mrs "Oh My God, That Britney's Shameless", I'm "Mrs Extra Extra This Just In", I'm Mrs "She's Too Big Now She's Too Thin".
Natürlich richtet sich das Ganze an das Zeug, welches über Britney geschrieben wird. Man fragt sich, was "X" über Kylies Welt zu offenbaren hat? Nun ja, im Grunde überhaupt nichts. Wenn man sich "X" anhört, käme man niemals auf die Idee, dass Kylie noch vor Kurzem dem Tod ins Gesicht gesehen hat oder dass die Beziehung ihres Lebens verpufft ist. Man hat eher den Eindruck, dass sie die letzten Jahre ein wenig auf der Tanzfläche verbracht hat. Pop dieser Art ist kurzlebig, ohne viel Glaubwürdigkeit oder Authentizität. Die emotionale Distanz auf Kylies zehntem Album (deshalb der Titel "X") stellt die Frage in den Raum, ob sie überhaupt noch was anderes singen wird, als bedeutungslose Silben wie 'get me on the floor', 'DJs spinning up my favourite song', 'Boy, you got it, got it, you got me feeling crazy about my body/ I cannot, cannot stop it, you got me moving, got me rocking'.
Im Gegnsatz dazu ist Britneys Vorliebe für Clubs hinreichend dokumentiert, weshalb einige Tracks auf "Blackout" glaubwürdig und als eine Art Spiegelbild ihres Lebens zu betrachten sind. Kylies Club-Leben existiert dagegen eigentlich überhaupt nicht, auch wenn sie vor Kurzem mal DJ im Londoner Club Boombox spielte. Boombox ist spezialisiert auf kantige Elektro-Musik. "X" hätte es zum boomenden Club-Sound bringen können, aber es ist eben nur ein netter Versuch das Leben einer Frau zu schildern, die es gerne in Clubs zieht - jedoch geht diese Frau nicht in Clubs.
Madonna hat aus ihren Fehlern von "American Life" gelernt und mit "Confessions On A Dancefloor" das coolste gemacht, was ihr übrig blieb: Ein großes Album, das brilliant, albern und tanzbar ist, gemacht. Glaubwürdigkeit erhält man nicht dadurch, dass man andere Leute kopiert, sondern sich hörbar coole Konzepte ausdenkt und sich selbst, mit einem spaßigen, modernen Pop-Album neu definiert. Kylies Versuch, einen Ausgleich zwischen Popularität und Glaubwürdigkeit zu schaffen, endet immer gleich. Das sollte ihr mal wer sagen. Es gibt einige unglaublich gute Momente auf dem Album wie z.B. die Single "2 Hearts" oder die explosives Tracks 'In My Arms' und 'The One' (ein trauriges Disco-Epos, eines ihrer besten überhaupt). Aber das Album bietet nicht mehr als vier weitere Songs, die es auf das nächste Greatest Hits Album schaffen sollten. Es ist nicht von vorne bis hinten gut.
"Blackout" kann man beruhigt als geniales Album bezeichnen, "X" dagegen nur als Kollektion von Liedern etwas oberhalb des Durchschnitts - in anderen Worten, ein typisches Kylie Album. Es ist wie immer und allmählich wird's langweilig.
Tipps: 'Piece of Me'; 'Hot As Ice'; 'Ooh Ooh Baby' (Blackout); 'The One'; 'In My Arms' (X)
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