| Es tut immer wieder gut, wenn man auch mal lobende Worte hört. Auf der Seite zoolamar.com hat nun jemand einen sehr interessanten Artikel verfasst:
Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sichŽs gänzlich ungeniert.
Wer ernsthaft glaubt, Britney Spearssei tatsächlich die Schlampe, das Luder, das die halbe Welt jetzt aus ihr zu machen versucht und ihr mache das nichts aus, irrt gewaltig. Und in ihr nur das kleine blonde Dummchen zu sehen, das eh nur zu dem einen taugt, an das Männer angeblich immer denken sollen, bedeutet nur, dass man bereit ist, ein oft verbreitetes Bild als Wahrheit anzuerkennen, das in Wirklichkeit ein perfides mediales Zerrbild der Sensationsgier ist, die unsere Zeit bestimmt und die hyänenartig über jene schwachen Wesen herfällt, die eben nicht die bewundernswert abgeklärte Souveränität einer Madonna haben.
Britney Spears ist ein zartes, sensibles Wesen, das vom schnellen Ruhm gierig verschlungen und durchgekaut wieder ausgekotzt wird, der Lächerlichkeit Preis gegeben. (Robbie Williams ist auch so ein bedauernswerter Fall). Und wer sich die Mühe macht, ihr mal nicht wieder beim Aussteigen aus einer Limousine in den Schoß zu schauen, nur um sich an der Vorstellung ihrer möglichen Willigkeit aufzugeilen, richtet den Blick dann vielleicht mal auf ihr Gesicht und liest darin die Spuren der Furcht und der Ratlosigkeit, dieses schüchterne Flehen um Errettung aus diesem Teufelskreis, in den sie die Popularität katapultiert hat. Alle meinen, sie habe ja den Himmel auf Erden, aber in Wirklichkeit ist es die Hölle für sie.
Mag sein, dass an dieser Stelle ganz unerwartet für mich selbst der väterliche Beschützerinstinkt durchgeht, aber ich sehe hier nur ein Opfer, das der Welt schutzlos ausgeliefert ist. Sicher, ja sie hat in kürzester Zeit Luxus und Ansehen erworben, führt nach außen ein Leben, von dem andere Girlies ein Leben lang träumen. Aber bei all dem Neid sollte man noch Augen für das Leid haben, das diesen jungen Menschen begleitet und leitet, nicht selten in die Irre halt.
Man müsste Britney vor sich selbst schützen, weil sie es offensichtlich im Moment nicht kann. Und man müsste sie stützen, denn so einfach strukturiert sie vielleicht auch ist oder erscheinen mag, sie hat ein Talent, das nicht weniger vermag, als nachhaltig zu wirken. Selbst ich, der nun nicht im Verdacht steht, Anhänger von Radiotrallala zu sein, habe mich bei „Oops I did it again” beim Mitsingen erwischt. Mehr noch bei der Zeile „Hit me baby one more time”, das sich jetzt als selbst erfüllende Prophezeiung erweist. Alle schlagen noch mal drauf, wenn sie am Boden liegt.
Dass da ein überfordertes Mädchen auf der Suche nach echter Liebe (statt geheuchelter Bewunderung, die als böswillige Häme getarnt bei jedem noch so kleinen Ausrutscher als giftige Galle verspritzt wird) durch die Welt irrt, interessiert offensichtlich die wenigsten. Zum Verhängnis geworden ist ihr letztlich nur die Nähe und gefährliche Gesellschaft zu der verwöhnten Göre Paris Hilton, die es sich qua Herkunft und materieller Macht nun wirklich erlauben kann, jede noch so tiefe Peinlichkeitsgrenze zu unterwandern. Sie ist eben genau das, was Britney nicht ist. Ein ausgekochtes, berechnendes, schlecht erzogenes Weibsbild, das diesen Planeten überbevölkert. Leider findet Britney gerade darin eine freundschaftliche, solidarische Nähe, die ihre rationalen Defizite entblößt und ihre emotionale Bedürftigkeit offen legt. Dass dann letzten Endes die körperliche Nacktheit zum sichtbaren Ausdruck ihrer Schwächen wird, zeigt nur noch mehr ihre Verwundbarkeit und Schutzlosigkeit.
Aber ihr Talent katapultiert sie eben dann doch wieder an den Himmel der Sehnsüchte, die alle jungen Mädchen haben. Dass Britney-Bitch, wie sie sich sogar selbstironisch im neuen Video „Gimme More” nennt (und prompt an der Stange das Luder-Klischee bedient – das hat doch schon ausgesprochene Chuzpe), etwas ganz Besonderes ist, weil sie etwas ganz Besonderes hat. Es ist eine unerklärliche Ausstrahlung, die diesen gebrochenen, gefallenen Engel aus der Masse hebt und eigentlich unangreifbar macht. Solange sie das selbst nicht erkennen kann, wird sie vermutlich leiden und Unglück im Glück haben. Und hoffentlich nicht auf tragische Weise enden. Denn leider gibt es ein paar legendäre traurige Beispiele für diese Zerrissenheit, die sich zu tragischen Lebensläufen entwickeln kann.
Wer sich mal ganz bewertungsfrei die Mühe macht, genau hinzusehen, erkennt in diesem jungen naiven, aber letztlich doch sehr liebenswerten Ding die Züge von Marilyn Monroe, die auf andere Weise einen ähnlichen vergeblichen Kampf um die Liebe geführt hat. Und auch die betrübten, schmerzvollen Augen von Diana in den Momenten der tiefsten Krise blicken da aus der jungen Frau, die leider zu schnell zu berühmt geworden und damit zu sehr unter ständiger Beobachtung ist, um wieder das ganz normale Mädchen von nebenan sein zu können, das sie eigentlich ist und in ihren intimsten Momenten sein will. Im Nachhinein haben wir sie über alle Maßen geliebt und geachtet und vermissen sie zutiefst. Das sollte uns eine Lehre sein.
Hoffen wir also, dass der gute Elton John den Text von Candle in the wind eines Tages nicht noch einmal auf Britney umschreiben muss.
Also liebt Britney oder lasst sie, aber hört auf sie zu hassen und zu hetzen.
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